conhIT 2018 - Dr.-Ing. Rainer Lutze Consulting

Dr. Rainer Lutze stellt sich den Fragen der Messebesucher zur Smartwatch Assistenz App

conhIT 2018 – Alles Künstliche Intelligenz!

Ein Bericht von der Fachmesse connected healthcare IT (conhIT) vom 17.-19.4.2018 in Berlin

„Alles Künstliche Intelligenz!“ – Die Übertragung der weltbekannten Ordre „Alles Walzer“ zur Eröffnung des Wiener Opernballs wäre gut geeignet gewesen, ein Leitmotiv der diesjährigen Fachmesse conhIT 2018 zu bilden. Die Wahrnehmung der Technologie mit Ihren selbstlernenden Systemen und Big Data Analysen ist noch deutlich konträr. Den internationalen Playern sind die strategischen Chancen und Perspektiven dieser Technologie – gerade in der medizinischen Bildverarbeitung – voll bewusst. Den kleineren Anbietern stand die Angst vor dem Neuen an ihren Messeständen und Vorträgen typischerweise deutlich ins Gesicht geschrieben. Man muss befürchten, dass Pedro Domingos aktuelles Erfolgsbuch zur strategischen Bedeutung von Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschinellem Lernen [1] – von China´s Präsident Xi Jinping publikumswirksam zur diesjährigen Neujahrsansprache in seinem Buchregal präsentiert – bei solchen Herstellern höchstens im Giftschrank aufbewahrt wird. Auf dem Gemeinschaftstand des VDE und in der Podiumsdiskussion zu „HealthCare 4.0 -Digitalisierung. Intelligente Assistenzsysteme. Smart Solutions.“ haben wir die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) in unserer Smartwatch App für Ältere in den Mittelpunkt gestellt.

Künstliche Intelligenz in der Diagnose

Mit der Zulassung eines Zellklassifikationssystems von Philips auf Basis des maschinellen Lernens / neuronaler Netze durch die amerikanische FDA im April 2017 [2] haben Künstliche Intelligenz Technologien in der Medizin einen deutlichen Auftrieb erhalten. So betonen Siemens Healthineers in ihrem White Paper zur strategischen Bedeutung der künstlichen Intelligenz in bildgebenden Verfahren der Diagnostik [3]: „In the next five to 10 years, artificial intelligence is likely to fundamentally transform diagnostic imaging. … Above all, methods of artificial intelligence could lead to more precise results and more meaningful prognostic risk scores, and integrate diagnostic radiology even more into outcome-oriented clinical decision-making.“ Dieser Optimismus hinsichtlich der Chancen von KI wird von Datenschützern und kleineren Unternehmen nicht unbedingt geteilt. Vielleicht, so die klammheimlich geäußerte Hoffnung, könnte die aktuelle EU Datenschutz Grundverordnung (EU-DSGVO) – einmal mehr als EU Innovations-Behinderungs-Verordnung verwendet – solche Systeme außen vor halten. Gerade selbstlernende künstliche neuronale Netze (artificial neural networks, ANNs) mit ihrer nur begrenzten Selbsterklärungsfähigkeit des eigenständig Erlernten könnten mit dem Transparenz- und Erklärungsgebot der EU-DSGVO hinsichtlich der verwendeten Logiken in Konflikt stehen [4].

Künstliche Intelligenz und intelligente Assistenz

KI-Verfahren sind auch für Systeme mit sehr begrenzter Rechenkapazität wie Smartwatches von Interesse. So nutzt unser vorgestelltes Lösungskonzept zur Unterstützung eines selbstbestimmten und sicheren Lebens älterer Menschen in ihrem vertrauten Zuhause ein einfaches neuronales Netz. Die Sensorsignale der Smartwatch – bzw. hieraus abgeleitete stochastische Parameter –  werden in den Eingangslayer des ANN geleitet. Ausgabelayer des ANNs sind die erkannten Ereignisse und Aktivitäten des täglichen Lebens. Zu den Ereignissen (events of daily living, EDLs) gehören insbesondere Stürze, zu den erkannten Aktivitäten (activities of daily living, ADLs) Trinken, Schlaf, Zähneputzen, … . Die EDL, ADL Erkennung wird zunächst mit vielen Positiv-, Negativbeispielen als überwachtes Lernen mit dem ANN trainiert. Im späteren Produktionsbetrieb bilden die erkannten EDLs, ADLs dann die Grundelemente eines situationsadäquaten Vorgehens im Krisenfall. Dabei muss berücksichtigt werden, dass EDLs, ADLs auch kombiniert auftreten können und mit welcher Priorität dann zu handeln ist [5]. So kann ein Sturz mit der Erschöpfung / Verwirrung infolge unterlassenen Trinkens einher gehen. Eine wartbare, deklarative Wissenspräsentation des dann notwendigen Handlungswissen mit nachvollziehbarer Semantik ist ebenfalls eine KI-Thematik, die wir in unserer Lösung angehen.

Künstliche Intelligenz in Samartwatch Apps? Spannende Diskussionen auf der conhIT 2018
Diskussion conhIT 2018

Künstliche Intelligenz und personalisierte Medizin

In seiner »State of the Union« Rede hat der seinerzeitige USA Präsident B. Obama im Januar 2015 die US Precision Medicine Initiative, PMI, [6] vorgestellt. Sie hat die Nutzung der individuellen Genom- und Verhaltensmerkmale für eine optimierte personalisierte Therapie und Medikation zum Ziel. Die Erhebung und Verarbeitung der dazu notwendigen Datenmengen macht die Anwendung von KI-Methoden sehr attraktiv, um nicht zu sagen, unverzichtbar. Mittlerweile hat die personalisierte Medizin auch in Deutschland eine Aufnahme gefunden, die den typisch deutschen, einseitig auf Risiken fokussierten Betrachtungshorizont (zum Beispiel: [7] ) aufzuweiten beginnt. In der Podiumsdiskussion „HeathCare 4.0 – Digitalisierung. Intelligente Assistenzsysteme. Smart Solutions.“ wurden von Dr. S. Saha, VP of Research, Transformational Health, Frost & Sullivan, London, die sich durch Digitalisierung, KI und Telemedizin abzeichnenden Veränderungen im Gesundheitswesen in seiner Keynote „Perspectives in Digital Health“ eindrucksvoll beleuchtet. Er stellte dar, wie Wearables und mobile Health (mHealth) mit der Übertragung von Vitaldaten zur Arztpraxis, der Videosprechkunde zwischen Patient und Arzt, … zukünftig eine zunehmende Verlagerung von stationärer zu ambulanter Behandlung und Fokussierung auf den Gesundheitsstandort des (eigenen) Zuhauses mit sich bringen werden.

Keynote Dr. S. Saha, Frost&Sullivan, London, on Perspectives in Digital Health
Podiumsdiskussion conhIT 2018: „HealthCare 4.0“, Keynote Dr. S. Saha, Frost&Sullivan (r.)

Referenzen

[1] Pedro Domingos: „The Master Algorithm: How the Quest for the Ultimate Learning Machine Will Remake Our World“, Basic Books / Perseus Books Group, 2015, ISBN 978-0-465-06570-7

[2] „Philips receives FDA clearance to market Philips IntelliSite Pathology Solution for primary diagnostic use in the US“,  Philips Press Release, April 13, 2017

[3] „Medical Imaging in the Age of Artificial Intelligence“,  White Paper SIEMENS Healthineers –  Siemens Healthcare GmbH, 2017

[4] EU-DSGVO, insbesondere Artikel 13, Absatz 2, Ziffer f) und Artikel 15, Absatz 1, Ziffer h),  VERORDNUNG (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (EU Datenschutz-Grundverordnung)

[5] R.Lutze. Waldhör: „Utilizing Smartwatches for Supporting the Wellbeing of Elderly People”, HealthInfo 2017 Conference, 8-12.10.2017, Athen, pp. 1 – 9

[6] F.S. Collins, H. Varmus: „A New Initiative on Precision Medicine“, New England Journal of Medicine, February 26, 2015, pp.793-795

[7] „Personalisierte Medizin – der Patient als Nutznießer oder Opfer?“, Tagungsdokumentation – Jahrestagung des Deutschen Ethikrates 2012

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Rainer Lutze

Rainer Lutze ist Gründer und Inhaber der Unternehmensberatung Dr.-Ing. Rainer Lutze Consulting. Das Unternehmen berät seit seiner Gründung im Jahr 2000 Unternehmen und Organisationen im Bereich der digitalen Medien und der digitalen Gesundheit und Pflege (eHealth). Aktuelle Schwerpunkte sind Smartwatches und ein intelligente Zuhause, das ein gesundes, sicheres und selbstbestimmtes Leben im vertrauten Zuhause bis ins hohe Alter und auch in Gegenwart alterstypischer Beschwerden und Einschränkungen ermöglicht.

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