Über Design und Geschmack lässt sich bekanntermaßen trefflich streiten. Insoweit wundert es nicht, dass die neue, minimalistische Google Pixel Watch mit einem nur 1,2“ großen AMOLED Display, einer sehr breiten digitalen Lünette und einem konvexen, praktisch immer spiegelnden Touchscreen aus GorillaTM 5 Glas im Mittelpunkt kontroverser Diskussionen steht. Aber es geht Google mit seiner neuen Smartwatch nicht darum, zu den aktuellen Spitzenmodellen von Apple und Samsung aufzuschließen. Vielmehr wollte Google offensichtlich eine preislich attraktive Smartwatch schaffen, um Entwickler von den Vorzügen seiner Wearable Entwicklungsplattform und des Betriebssystems WearTM OS 3.5 nachhaltig zu überzeugen. Dazu gehört die angekündigte Selbstverpflichtung von Google, zukünftig regelmäßig jedes Jahr eine neue Wear OS Version seines Smartwatch Betriebssystems bereitzustellen und langfristig zu pflegen. So sollen Interessierte zu einer App Entwicklung für die programmierbare Smartwatch Pixel Watch motiviert werden.
Die Hardware der Pixel Watch
Die kreisrunde Pixel Watch hat ein Edelstahlgehäuse von 41 x 41 x 12,3 mm und wiegt nur 36 gr (ohne Armband). Das 1,2“ (30 mm) always-on Display hat eine effektive Auflösung von 384×384 Pixel (320 ppi) und eine Helligkeit von 1.000 nits. Im Inneren der Uhr arbeitet eine Exynos 9110 CPU mit 1.15 GHz Taktfrequenz und 2GB Hauptspeicher. Es stehen 32 GByte Flash Speicher insgesamt zur Verfügung. Der 294 mAh Li-ION Akku der Smartwatch gewährleistet nach Herstellerangaben eine Nutzungszeit von 24h bei üblichem Gebrauch. Der Akku kann in 80 Minuten drahtlos (Qi Standard) über einen magnetischen Ladeadapter vollständig wieder aufgeladen werden.
Sensorisch verfügt die Pixel Watch – wie üblich – über digitale 3D Beschleunigungssensoren, 3D Gyrometer, ein Magnetometer (für die Kompass App), Barometer, einen Umgebungslichtsensor zur Steuerung der Displayhelligkeit, einen optischen Pulssensor und SpO2 Sensor für die Messung der arteriellen Sauerstoffsättigung sowie ein CE-zertifiziertes 1-Kanal EKG zur Erkennung von Vorhofflimmern des Herzens. Die entsprechende EKG Ableitung wird wie üblich über die Rückseite der Smartwatch und die digitale Krone abgegriffen, die dazu für 30 sec mit dem Finger derjenigen Hand berührt werden muss, an der die Uhr nicht getragen wird. Die sensorische Ausstattung umfasst damit, bis auf die fehlenden Temperatursensoren der neusten Samsung, Apple und Fitbit Sense Modelle (wir berichteten hier unserem Blog), die wichtigsten heute verfügbaren Sensoren.
Von der Konnektivität her ist die Pixel Watch mit Wifi gemäß 802.11, b/g/n im 2.4 GHz Band ausgestattet, Bluetooth 5.0 LE, GPS (A-GPS, Glonass, Beidou) und NFC (für Google PayTM). Optional ist ein integriertes LTE Mobilfunkmodul mit eSIM verfügbar, mit dem autark über die Smartwatch kommuniziert werden kann. Dafür besitzt die Smartwatch dann natürlich auch Mikrofon und Lautsprecher.
Die Pixel Watch ist in den Gehäusefarben Matte Black, Polished Silber und Champagne Gold verfügbar, dazu gibt es etwa 20 Armbänder (Fluorelastomer, Textil, Leder, Metallglieder) zur Auswahl, ein Milanaise Band ist in Vorbereitung. Die Umweltfestigkeit der Pixel Watch ist mit 5ATM und IP68 spezifiziert. Die Pixel Watch ist zu einem Preis von €379,– in der Grundversion bzw. €429,– mit optionalem LTE verfügbar. Ein AndroidTM Smartphone mit Version 8.0 oder neuer sowie ein Google Konto wird zur Einrichtung der Smartwatch benötigt.
Die Standard Apps der Pixel Watch
Natürlich sind bei der Google Smartwatch der Google Assistent, Google Maps, Google Mail, der Google Kalender ebenso wie das Google Wallet als Apps an Bord, ebenso wie YouTube Music. Smart Home Geräte, die Google Home und ein schnelles Pairing unterstützen, können von der Uhr aus gesteuert werden. Da die Gesundheitsfunktionen der Smartwatch im Wesentlichen von der zwischenzeitigen Google Tochter FitBit kommen (Google Eigenwerbung: „powered by FitBit“), ist mit dem Kauf der Smartwatch ein 6-monatiges kostenloses Abo des FitBit Premium Service enthalten. Dieser Service kann jeweils zum Monatspreis von €8,99 anschließend verlängert werden. FitBit Premium liefert insbesondere eine detaillierte Schlafanalyse und Aussagen zur sportlichen Leistungsfähigkeit des Uhrenträgers. Ebenfalls mit dabei beim Kauf der Pixel Watch: ein dreimonatiges kostenloses Abo von YouTube Music Premium. Zur Erleichterung der Bedienung steht auf der rechten Seite der Smartwatch über der digitalen Krone eine konfigurierbare Funktionstaste zur Verfügung.
Eine Einordnung der Pixel Watch
Die Google Pixel Watch LTE liegt preislich mit €429,– leicht über dem Apple Watch SE 2022 44mm Modell, das mit LTE Funkmodul aktuell für €389,– angeboten wird. Dafür hat die Pixel Watch – im Gegensatz zur Apple Watch SE – aber ein always on Display, ein 1-Kanal EKG, einen SpO2 Sensor und mit 24 Stunden eine geringfügig höhere Batterienutzungszeit als die von Apple angegebenen 18 Stunden für die Watch SE. Auch die aktuelle Samsung GalaxyTM 5 Watch, LTE Modul, mit 44mm Gehäuse liegt mit ihrem größeren 1,4“ (3,5 cm) Display und einem Kaufpreis von €379,– preislich unter Google’s Pixel Watch (wir berichteten hier in unserem Blog). In vielen Details, etwa dem größeren Bildschirm, verfügt die Samsung Smartwatch zudem über eine bessere Ausstattung als die Pixel Watch. So zeichnet sich die Galaxy durch ein Dual-Band Wifi 2,4 und 5 GHz, zusätzliches Galileo GPS und einen 410 mAh Akku aus, der nach Herstellerangaben eine typische Nutzung von bis zu 40 Stunden bis zur erforderlichen Ladung ermöglicht.
Nach unserer Überzeugung ist es aber nicht die Absicht von Google, mit der Pixel Watch zu den Spitzenmodellen von Apple und Samsung aufzuschließen, etwa der Apple Watch Ultra mit ihrem 1,92“ OLED Display (4,9 cm) mit 2.000 nits Helligkeit (wir berichteten in unserem Blog). Vielmehr geht es Google wohl darum, eine preislich attraktive Smartwatch mit zeitgemäßer technischer Ausstattung bereit zu stellen, um mit den Fähigkeiten seines Ökosystems und Betriebssystems Wear OS 3.5 zu überzeugen und App Entwickler für die Wear OS Plattform zu gewinnen. Mit einem Marktanteil von über 30% für 2021 (vgl. PM Statista vom 16.03.2022) liegt Apple hier mit seinen Smartwatches klar in Front vor allen anderen Anbietern.
Zum Google Ökosystem gehören die Android Systemprogrammiersprache Kotlin (als Gegenentwurf zu Apple’s SWIFT), die aktuelle Entwicklungsumgebung Android Studio Dolphin sowie der deklarative UI-Werkzeugsatz Compose for Wear OS. Google nimmt in Anspruch, dass mit Compose Effizienzsteigerungen von bis zu 30% gegenüber dem konventionellen UI-Design möglich sind. Mit der Wear OS Tiles Material Library steht zudem ein Repository an häufig benötigten Steuerelementen wie Schaltflächen, Fortschrittsanzeigen, … für den Wear OS App-Entwickler zur Verfügung.
Die Entscheidung für Google’s Android / Wear OS Ökosystem oder Apple’s IOS / Watch OS Ökosystem ist folgenreich und nicht leicht zu revidieren. In der Summe aller Details bewegt man sich bei prinzipiell gleich mächtiger Funktionalität doch in sehr unterschiedlichen Systemwelten.