IFA 2019: Dr.-Ing. Rainer Lutze vor einem Poster der neuen Huawei KIRIN CPU - dem Huawei Flagschiff für 5G Smartphones

Es wird ernst – Eindrücke von der IFA 2019 in Berlin

Der lange Schatten der aktuellen Handelskonflikte zwischen den USA und China war auch auf der IFA 2019 vom 9.-11. September in Berlin nicht zu übersehen. So wurde die erwartete neue Huawei Watch GT 2 nicht auf der IFA 2019 vorgestellt. Sie wurde nachträglich erst am 19.09.2019 in München präsentiert, zusammen mit der neuen Huawei Premium Smartphone Serie Mate P30 (PRO). Apple hatte mit der Vorstellung der neuen Apple Watch 5 in Cupertino am 10. September die IFA zumindest terminlich mit beachtet. China’s KI-Roboter Startup UBTECH hat auf seinen gewohnten Messeauftritt in Berlin ganz verzichtet. Der geh- und treppensteigfähige 1,40 große, humanoide Service-Roboter „Walker“ wurde nur auf der CES 2019 Anfang des Jahres in Las Vegas gezeigt. Ein Lichtblick – die neue Samsung Smartwatch Galaxy Watch Active2!

Smartwatches

Samsung setzt mit der neuen Smartwatch Galaxy Watch Active2 ganz auf ein elegant minimalistisches Design. Die Uhr erhält jetzt auch einen LTE Mobilfunkmodul (mit integrierter eSIM) und ist ab Ende September 2019 erhältlich. Das eher „wuchtige“ Design der früheren Samsung Smartwatch Modelle S3 und Galaxy Watch gehört damit endgültig der Vergangenheit an. In Kombination mit einem Edelstahlgehäuse wird die LTE Version mit einem 40mm (1,2“) oder 44 mm (1,4“) Display zu einem Listenpreis (UVP) von € 449,– bzw. € 469,– erhältlich sein. Mit einer Gehäusegröße von 40×40 mm (für das kleinere Modell) und 10.9 mm Dicke bei einem Gewicht von nur 37 bzw. 42 gr (für das größere Modell) ist die Smartwatch auch für schlankere Arme geeignet. Die Batteriekapazität von 247 mAh bzw. 340 mAh (für das größere Modell) dürfte bei üblicher Nutzung für einen mehr als eintägigen Betrieb ausreichen. Dann muss die Smartwatch wieder induktiv geladen werden. Bei der neuen, voll digitalen Lünette hat Samsung auf alle beweglichen Teile verzichtet. Die Lünette wird über den Randbereich des Touchscreens bedient. Das kreisrunde AMOLED Display hat eine Auflösung von 360×360 Pixel und ist mit einem Touchscreen aus Corning Gorilla DX+ Glas abgedeckt. Dem aktuellen Trend folgend, ist das Display immer eingeschaltet („always on“). Im Inneren der Smartwatch werkelt ein 2-Kern Exynos 9110 Prozessor mit einer Taktfrequenz von 1,15 GHz. Die Computeruhr besitzt 1,5 GByte Hauptspeicher und 4 GByte Flash Speicher. Die programmierbare Smartwatch verwendet das Tizen 4.0 Betriebssystem, das von einem Konsortium unter maßgeblicher Kontrolle von Samsung entwickelt wird.

Neben den üblichen Sensoren (3D-Accelerometer, 3D-Gyroskop, Barometer, optischer Pulsmesser, Umgebungslicht, A-GPS/Glonass/Beidou) hat die Galaxy Watch Active2 auch einen elektrischen Herzsensor. Mit ihm kann über leitfähige Kontaktflächen an der Rückseite der Smartwatch und einer Bedientaste ein (1-Kanal) EKG aufgezeichnet werden. Mehr dazu weiter unten. Die Smartwatch ist mit einer Reihe von Kommunikationsmöglichkeiten ausgestattet. Dazu gehören Mikrofon/Lautsprecher, NFC, Bluetooth 5.0, 2.4 GHz Einband WLAN nach 802.11 b/g/n sowie optional LTE. Pulssensor der Galaxy Watch Active 2, 40 mm ModellDie Galaxy Watch Active2 ist nach IP68 zertifiziert und bis 5 ATM druckfest. Wie bei der Apple Watch 4 besitzen die Beschleunigungssensoren jetzt einen vergrößerten Erfassungsbereich bis 32G, so dass Stürze der Uhrenträger*innen zuverlässig erkannt werden können. Eine von Samsung integrierte Notfall App kann dann, nach Rückbestätigung eines Sturzes, ein automatisches Telefongespräch zu vordefinierten Notfallkontakten aufbauen. Ebenfalls von der Apple Watch 4 hat Samsung das Feature eines 1-Kanal-EKGs übernommen. Bei der integrierten Auswertungs-App der Smartwatch handelt es sich um ein reguliertes Medizinprodukt, das Rhythmusstörungen des Herzens (Vorhofflimmern) erkennen soll. Die App, und damit die EKG-Funktionalität, wird damit erst nach Zulassung durch die zuständigen Stellen für Medizinprodukte in den einzelnen Ländern auf den Active2 Smartwatches verfügbar sein. Das Feature wird deshalb von Samsung noch nicht beworben.

Die Qual der Wahl - Zubehör zu Samsung Galaxy Watch Active 2Die Galaxy Active2 Smartwatch wird in schwarz, silber und gold mit einer großen Zahl auswechselbarer Kunststoff- und Leder-Armbänder verfügbar sein.

Pünktlich zum Ende der IFA 2019 stellte Apple am Abend des 10.09.2019 seine neue Apple Watch 5 in seiner Zentrale in Cupertino/USA vor. Im Kern eine Modellpflege der seit einem Jahr erhältlichen Apple Watch 4 mit gleichem Äußeren, aber drei funktionalen Verbesserungen. Zum einen erhält die Apple Watch 5 jetzt einen zusätzlichen Kompasssensor (siehe folgende Abbildung). Zum anderen ist die Anzeige immer (abgedimmt) eingeschaltet.

Kompass App der neuen Apple Watch 5
Bildquelle: Apple

Mit einer entsprechenden Armbewegung, die das Display in Augenkontakt bringt, wird die volle Displayhelligkeit aktiviert. Apple will dieses Feature ohne Einbußen der gut eintägigen Batterielaufzeit erreichen. Dazu wird in dem Low Temperature Poly Cristalline and Oxide (LTPO) Display, einer Spezialform eines OLED, die Bildwiederholrate von 60 Hz bis auf 1 Hz reduziert. Die Modelle mit integriertem LTE Mobilfunkmodem haben – wie bei der Apple Watch 3 und 4, eine fest integrierte eSIM Karte. Zusätzlich ist in den LTE Modellen der neuen Apple Watch 5 ein Notruf in über 100 Ländern auch dann möglich, wenn kein eSIM Tarif gebucht und aktiviert wurde.

Die Apple Watch 4 (44 mm Modell)  / Samsung Galaxy Watch Active2 (40 mm) im Größenvergleich
Apple Watch 4 (44 mm) vs. Samsung Galaxy Watch Active2 (40mm)

Für die LTE Versionen der Uhr mit Aluminiumgehäuse ruft Apple einen Listenpreis (UVP) ab € 549,– (40 mm Bildschirmgröße) bzw. € 579,– (44 mm Bildschirmgröße) auf. Die Computeruhr ist also – schon mit einem Aluminiumgehäuse – um € 100,– teurer als die funktional vergleichbare Samsung Galaxy Watch Active2. Für die Gehäuseversionen aus Edelstahl, Titan oder weißer Keramik, die grundsätzlich nur mit integrierter LTE Funktionalität ausgeliefert werden, ruft Apple einen Mehrpreis von jeweils € 220,– bzw. € 320,– bzw. € 870,– auf. Wie gewohnt, ist die spezielle Hērmes Edition auch für die Apple Watch 5 verfügbar. Die Apple Watch 4 ist nicht weiter im Lieferprogramm des Unternehmens. Allerdings bleibt die 2018 vorgestellte Apple Watch 3 mit einem jetzt reduzierten Preis von € 359,– (LTE Modell, 42 mm Bildschirm) als Einstiegsmodell in die Apple Smartwatch Welt weiter verfügbar.

Zwei Wochen nach dem Ende der IFA stellte Huawei seine neue Smartwatch Watch GT 2 in München vor. Die Computeruhr folgt – wie die neuen Samsung und Apple Modelle – ebenfalls einem minimalistisch eleganten Design. Das Betriebssystem der Smartwatch ist nicht mehr Google’s Wear. Für Kunden außerhalb Chinas ist es die Huawei Eigenentwicklung Lite OS; Huawei Kunden in China kommen wohl in den Genuss der funktional mächtigeren Eigenentwicklung Harmony OS. Schmerzhaft wird vor allem der Verzicht auf den sehr leistungsfähigen Sprachassistenten „Google Assistant“ und den Google Play Store mit weiteren Smartwatch Apps.

Erst 2 Wochen nach der IFA 2019 hat Huawei seine neue Watch GT2 vorgestellt.
Bildquelle: Huawei

Leider verfügt die neue Huawei Watch GT 2  nicht – wie die Huawei Watch 2 – über ein integriertes Mobiltelefon. Dafür ist das 42 mm Modell, je nach Ausstattung, schon für einen Preis (UVP) von €199,– bis € 249, — ab Ende September 2019 erhältlich. Für das größere 46 mm Modell müssen (UVP) zwischen € 229,– bis € 279,– investiert werden. Das OLED Display des kleineren Modells bietet eine Auflösung von 390×390 Bildpunkten, das größere eine Auflösung von 454×454 Bildpunkten. Nicht zuletzt wegen des nur 16 MByte großen Hauptspeichers des 42 mm Modell (32 MByte beim 46 mm Modell) bietet die Smartwatch einen typischen Nutzungszeitraum von einer Woche (bzw. zwei Wochen beim größeren Modell), bis eine erneute Aufladung per induktivem Ladeadapter notwendig ist. Selbst bei kontinuierlicher GPS Nutzung, dem „energiehungrigsten“ Sensor  einer Smartwatch, liegt der Nutzungszeitraum nach Herstellerangaben bei 15 Stunden für das 42 mm Modell bzw. 30 Stunden für das 46 mm Modell. Diese Leistung wird durch die 215 mAh bzw. 455 mAh großen Akkus der Smartwatches ermöglicht. An Flash-Speicher stehen für die Huawei Watch GT 2 die üblichen 4 GByte Speicher zur Verfügung. Die Computeruhren sind  bis 5 ATM tauchfest. Das kleinere, 42 mm Modell ist nur 9,4 mm dick und 29 Gramm leicht. Das größere, 46 mm Modell bringt bei einer Dicke von 10,7 mm 41 Gramm auf die Waage. Die Computeruhren haben eine „sensorische Vollausstattung“ mit 3D-Beschleunigungsmesser, 3D-Gyrometer, Magnetometer, Barometer, optischem Pulsmesser, GPS und Messung des Umgebungslichtes. Mit dem Magnetometer ist eine integrierte Kompass App wie bei der neuen Apple Watch 5 realisiert. Insgesamt kann die Huawei Watch GT 2 die individuelle Aktivität in 14 Sportarten aufzeichnen. Die für das Vorgängermodell Huawei Watch GT realisierte integrierte Schlafanalyse berücksichtigt bei der GT 2 jetzt auch Atembewegungen. Mit einem integrierten Mikrofon und Lautsprecher kann die Smartwatch per Bluetooth und eiemn gekoppelten Smartphone auch für Telefonate genutzt  werden. Die Huawei Watch 2, mit der autark durch einen integrierten LTE Mobilfunkmodul telefoniert werden kann, bleibt weiter im Handel.

Roboter

Das chinesische KI-Roboter Startup Unternehmen UBTECH Robotics wollte nicht mehr – wie in den Vorjahren – den Weg nach Berlin beschreiten. Der spektakuläre neue humanoide Service-Roboter „Walker“ konnte deshalb nur auf der diesjährigen CES im Januar 2019 in Las Vegas bestaunt werden. Mit 1,4 m Größe, 77 kg Gewicht, einer max. Hebelast von 1,5 kg pro Hand, sieben Freiheitsgraden der Bewegung und der Fähigkeit, autonom zu laufen und Treppen zu steigen, erweitert er die Grenzen des bisher Möglichen deutlich. Ein Verlust für die IFA 2019, diesen Roboter nicht vor Ort zu haben!

Der Telepräsenzroboter "Medisana Temi" auf der IFA 2019 Medisana, deutsche Tochter der chinesischen Ogawa Smart Healthcare Technology Group Co. Ltd., präsentierte auf der IFA 2019 den Telepräsenzroboter Medisana Temi als Ergebnis eines Joint Ventures mit dem amerikanisch-israelischen Unternehmen Temi Global Ltd. Die Temi Global Ltd. hatte den Roboter Tēmi erfolgreich auf der CES 2019 in Las Vegas im Januar 2019 vorgestellt. Er verkauft sich aktuell für US $ 1.999,– in den USA als mobiles Smart Home Gerät. Die Medisana Temi Version soll, mit erweiterter Funktionalität, für einen Listenpreis (UVP) von €2.999,– in den Handel kommen. Der Roboter lernt selbsttätig, sich in der Wohnung frei zu bewegen. Die Amazon Sprachsteuerung Alexa ist ebenfalls integriert. Wenn der 12 KG schwere und 1m hohe Roboter Tēmi zu einem Gesprächspartner gefahren ist, ist seine Kernfunktionalität dort ein Videogespräch. Hierzu hat Tēmi einen integrierten, um 70° Grad vertikal schwenkbaren 10“ Farb LC Bildschirm mit 340 cd/m² Leuchtdichte und eine Videokamera mit einer Auflösung von 13 MPixeln. Der Bildschirm kann als berührungssensitiver Bildschirm auch zur Interaktion mit Tēmi genutzt werden.

Für beide Roboter ist die in Deutschland verpönte KI Technologie der Gesichtserkennung einzelner Personen natürlich eine sehr wesentliche Voraussetzung der Navigation zu und Interaktion mit einzelnen Menschen.

Künstliche Intelligenz (KI)

Normal-, Weitwinkel und Teleobjektiv bei beim neuen iPhone 11 PRO
Bildquelle: Apple

Techniken der künstlichen Intelligenz sind in der Bild- und Videoverarbeitung bei Smartphones, gerade in schwierigen Aufnahmesituationen mit wenig Licht oder massiven Hell-/ Dunkelkontrasten, nicht mehr wegzudenken. Nur so können Smartphones ihre exzellente Bild- und Videoqualität erreichen. Das Wissen eines guten Fotografen ist hier fest integriert. Apple plant etwa, in seiner „Deep Fusion“ Software für das neue iPhone 11 PRO (mit Normal-, Weitwinkel- und Teleobjektiv, siehe Abbildung oben) eine Sequenz unterschiedlich belichteter, schnell hintereinander aufgenommener Digitalfotos zu einem einzigen Bild besonderer Schärfe und Ausdruckskraft zu kombinieren. Die in das Smartphone integrierte KI identifiziert und bewertet dabei in Sekundenschnelle die einzelnen Bildpassagen, die für die Collage ausgewählt werden.

KI hat jetzt aber auch den Hausgerätebereich erreicht und findet dort nutzbringende Anwendungsfelder. So zeigte LG etwa eine Waschmaschine, die vermittels einem künstlichen neuronalen Netz (artificial neuronal network, ANN) und maschinellem Lernen die besten Pflegeprogramme für die jeweilige Wäsche selbstständig identifizieren kann. Ein entscheidender Faktor ist dabei die Vernetzung aller gleichartigen Waschmaschinen von LG, die Ihre Erfahrungen austauschen und zum Training ihrer neuronalen Netze optimierend verwenden können.

Künstliches neuroyales Netz (ANN) zur Steuerung  eines Waschmaschinenprogramms bei LG Electronics

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Rainer Lutze

Rainer Lutze ist Gründer und Inhaber der Unternehmensberatung Dr.-Ing. Rainer Lutze Consulting. Das Unternehmen berät seit seiner Gründung im Jahr 2000 Unternehmen und Organisationen im Bereich der digitalen Medien und der digitalen Gesundheit und Pflege (eHealth). Aktuelle Schwerpunkte sind Smartwatches und ein intelligente Zuhause, das ein gesundes, sicheres und selbstbestimmtes Leben im vertrauten Zuhause bis ins hohe Alter und auch in Gegenwart alterstypischer Beschwerden und Einschränkungen ermöglicht.

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